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„Eine Generallösung ist nicht in Sicht!“ - so könnte ein erstes Fazit des Methodenworkshops zum Thema „(Unter-) Repräsentation von Migrantinnen und Migranten in Surveys und Panels“ lauten, den FReDA am 31. März und 1. April in Wiesbaden veranstaltet hat. Dazu ist das Problem zu vielschichtig und komplex. Dennoch waren der Erfahrungsaustausch, die Diskussionen und Impulse für alle Beteiligten sehr informativ und fruchtbar.
Das Interesse an der Hybridveranstaltung von FReDA war mit 97 Teilnehmenden aus Wissenschaft und Politik sehr groß. Rund 20 verschiedene Forschungsgruppen und Institute berichteten von ihren Erfahrungen bei großen Bevölkerungsbefragungen, aber auch bei spezifischen Studien zu Migranten und Migrantinnen. Dabei wurden die Hintergründe und Zugänge der jeweiligen Erhebungen beleuchtet, die Strategien für eine repräsentative Beteiligung der fokussierten Bevölkerungsgruppen erläutert sowie die Umsetzungserfolge diskutiert.
Eine Video-Dokumentation zahlreicher Vorträge des Methodenworkshops haben wir hier für Sie zusammengestellt.
Sehr schnell wurde dabei deutlich, dass alle Panels und Surveys im Hinblick auf die Repräsentanz von Migranten und Migrantinnen vor die gleichen besonderen Herausforderungen gestellt sind. Die Ursachen dafür sind vielfältig. So handelt es sich um eine sehr heterogene Personengruppe, zu der Menschen mit unterschiedlichsten individuellen Migrationsgeschichten zählen. Zu ihr können u.a. Geflüchtete gerechnet werden, aber auch Personen, die in Deutschland aufgewachsen sind. So unterscheiden sich die Migrationsgründe und -umstände sowie die jeweiligen Herkunftsländer und die Kulturen der Personen sehr stark.
Zudem ist bei vielen Menschen dieser Zielgruppe eine hohe räumliche Mobilität zu beobachten. Daraus ergeben sich häufig Schwierigkeiten bei der Kontaktierbarkeit, was wiederum Einfluss auf die Stabilität eines Panels hat.
Auch ist bei Migrantinnen und Migranten häufig mangelnde Akzeptanz für oder mangelndes Vertrauen in sozialwissenschaftliche Studien zu beobachten, möglicherweise weil das Verständnis für den gesellschaftlichen Nutzen der Studien fehlt oder weil die Befragten negative Auswirkungen für ihre persönliche Situation befürchten. Diese Faktoren lassen die Motivation für eine Teilnahme sinken.
Das Programm Methodenworkshop FReDA
Schließlich beeinträchtigen natürlich auch sprachliche Barrieren die Teilnahme von Menschen dieser Zielgruppe. Gerade geflüchtete Personen, die sich noch nicht lange in Deutschland aufhalten, verfügen (zunächst noch) über geringe Sprachkenntnisse. Damit einher geht die Beobachtung, dass unter den Migrantinnen und Migranten, die sich an einer Befragung beteiligen, überdurchschnittlich viele Personen mit höherem Bildungsniveau befanden. Dem entsprechend hängt die Beteiligung einer bestimmten Gruppe von Migrantinnen und Migranten auch damit zusammen, wie sich diese auf verschiedene Bildungsabschlüsse oder auch auf andere sozio-demografische Merkmale verteilt.
Auf dem Workshop wurden zahlreiche Maßnahmen diskutiert, mit denen man dem Problem der Unterrepräsentation von Migrantinnen und Migranten zumindest partiell entgegenwirken will. Dabei wurde deutlich, dass von den Forschenden zwar schon sehr viele Verfahren erprobt wurden, es jedoch keine Herangehensweise gibt, die für alle Erhebungen gleichermaßen effektiv und erfolgreich ist.
Bereits beim Stichprobenzugang sind verschiedene Wege denkbar, die in Projekten angewendet wurden und für einen höheren Anteil von Migrantinnen und Migranten unter den Befragten sorgen sollten, beispielsweise das Oversampling oder der gezielte Rückgriff auf spezifische Stichprobenrahmen wie die Intergrierten Erwerbsbiografien des IAB oder das Ausländerzentralregister. Auch eine gruppenspezifische Ansprache bereits im Anschreiben an die Befragten – z.B. unter Verwendung von leichter Sprache, grafischen Symbolen und mehrsprachigen Infoboxen - oder eine zusätzliche Incentivierung wurden als weitere Schritte zur Mobilisierung der Zielgruppe genannt. Um eine bestimmte Gruppe von Migrantinnen und Migranten (näherungsweise) vorab identifizieren und spezifisch, etwa in ihrer Muttersprache, ansprechen zu können, werden zum Teil onomastische Verfahren eingesetzt, die insbesondere in der türkischen und in arabischsprachigen Bevölkerung recht erfolgreich sein können.
Um Sprachprobleme zu reduzieren, wurden Fragebögen mehrsprachig verschickt, die Verwendung von Übersetzungshilfen und Dolmetscherinnen und Dolmetschern angeboten oder auch Interviewer und Interviewerinnen eingesetzt, die dieselbe Muttersprache wie die befragten Migranten und Migrantinnen sprechen.
Auch die Verwendung unterschiedlicher Befragungsmodi wurde ausgewertet. Dabei zeigte sich, dass ein (muttersprachlicher) Interviewer bzw. Interviewerin in bestimmten Fällen als Türöffner funktionieren kann. Das persönliche Gespräch, gerade beim Erstkontakt, ist besonders erfolgversprechend, aber auch besonders teuer.
Ausschnitt aus dem virtuellen Whiteboards des Methodenworkshops von FReDA.
Hier können Sie das Whiteboard des Methodenworkshops mit den Fragen, Anmerkungen und Lösungsansätzen der Teilnehmenden downloaden.
Eine Generallösung, die für alle Studien und Forschungsziele gleichermaßen funktioniert, konnte nicht identifiziert werden. Zwar lassen sich für viele Herausforderungen individuelle Lösungswege finden, doch häufig sind sie sehr teuer und auch im Hinblick auf den zeitlichen Vorlauf von Erhebungen und den Personaleinsatz zu ihrer Durchführung sehr ressourcenintensiv. Zudem sind nicht alle davon gleichermaßen effektiv.
Die Best-Practice-Strategien, welche die Referentinnen und Referenten auf dem Methodenworkshop von FReDA vorgestellt haben und mit denen sie versuchen, dem Anspruch der Repräsentativität eines Surveys dennoch gerecht zu werden, haben zudem gezeigt, dass sehr viel von dem Ziel und der Ausstattung einer Erhebung abhängt.
Trotz der unterschiedlichen Ziele, Budgets und Herangehensweise der Workshop-Teilnehmenden: Der Lösungsansatz „Forschen mit“ statt „Forschen über“ wurde vom Plenum als vielversprechender Ansatz festgehalten, um dem Problem der Unterrepräsentation von Migranten und Migrantinnen in Surveys und Panels entgegenzuwirken.
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